Erste Arbeitswoche als Grape Picker

Unser erster Arbeitstag als Traubenpflücker startete früh, denn der Wecker ging um 5:30 Uhr. Dann hieß es frühstücken, umziehen, Sandwiches für mittags herrichten und losfahren, damit wir um 6:45 Uhr bei Chris sind. Dort wurde durchgezählt (wir waren glaub ich 48 Leute), jeder hat eine Warnweste bekommen und uns wurde kurz erklärt was wir machen müssen. Die wichtigste Regel war, dass wir während der Arbeit nicht reden dürfen. Irgendwie komisch, aber wir haben das mal so hingenommen.

Als nächstes sind alle in einer langen Autoschlange zum Feld gefahren, das wir heute bearbeiten sollten. Erst jetzt ging die Sonne auf, d.h. man kann sich vorstellen, wie toll es war sich vorher im Dunkeln fertig zu machen und zur Arbeit zu fahren. Eine Einarbeitung vor Ort fand dann nicht mehr statt, sondern wir sollten einfach machen. Etwas überrumpelt haben wir uns da schon gefühlt, aber so kompliziert ist Trauben abschneiden auch nicht, also haben wir uns nicht beschwert. Man kam auch einigermaßen schnell rein. Das Ganze wurde so gehandhabt, dass immer ungefähr 5 oder 6 Leute auf einer Seite einer Rebenreihe picken und derjenige, der mit seinem Bereich fertig ist, an den anderen vorbei nach vorne geht und da weitermacht. So haben wir uns durch das Feld gearbeitet und die abgeschnittenen Trauben in unsere jeweiligen Eimer geworfen. Die vollen Eimer wurden dann von den Bucket Boys gegen leere getauscht und in einen großen Bin auf einem Traktor geworfen, der in einer der Reihen mitfährt. Das hat ganz gut geklappt und ich fand es auch sehr angenehm im stehen bzw. gehen zu arbeiten. Das war viel besser als das ständige Sitzen in Bowen und die Trauben waren auch auf einer viel besseren Pflück-Höhe. Außerdem musste man nicht ständig Höchstleistung bringen, sondern konnte auch mal langsamer picken und natürlich war es nicht verboten sich zwischendrin mal eine Traube reinzuschieben.

Die erste Pause gab es dann nach 2 Stunden Arbeit, wobei sie nur 10 Minuten gedauert hat und gerade reicht, um einen Apfel bzw. eine Banane beim Andi und einen Müsliriegel reinzuschieben und einmal aufs Klo zu gehen. Das mit dem Klo haben sie gut geregelt fand ich, da es ein Dixi auf einem Anhänger ist und immer dorthin gefahren werden kann, wo wir an diesem Tag arbeiten. Einige mussten in der Pause auch noch Schutzbrillen von Chris kaufen, da sie keine aufhatten und das für die Arbeit Pflicht ist. Ich hab ja eh schon eine Brille, das ist in diesem Fall echt praktisch. Die nächste Pause war dann Lunch gegen 12, die 30 Minuten dauert und unbezahlt ist. Danach musste Andi leider im Auto bleiben, weil seine Bauchkrämpfe wieder schlimmer geworden sind. Chris und die Supervisor waren aber sehr verständnisvoll und es war kein Problem, dass er einfach im Auto wartet. Übrigens pickt Chris selbst auch mit und beobachtet dabei die Leute. Reden ist ja streng verboten, aber Chris redet gern und fragt alle Leute wo sie herkommen, was ihre Hobbys sind usw. In den nächsten Arbeitstagen hat er uns dadurch ganz gut kennengelernt und wir konnten einen guten Draht zu ihm aufbauen. Schaden tut es ja nie, wenn man sich beim Chef ein bisschen gut stellt.

Feierabend war schließlich um halb 4 und alle haben ihre Time Sheets unterschrieben, wo unsere Arbeitszeiten genau eingetragen werden. Ich war ganz schön erledigt nach dem Tag! Früh aufstehen und 7 Stunden körperliche Arbeit waren wir halt doch nicht gewöhnt. Nach der Arbeit sind wir nochmal zu Raidis gefahren und jeder hat eine Flasche Wein als Entschädigung bekommen, weil es am nächsten Tag keine Arbeit gab. Die Trauben waren noch nicht reif genug, weil es in den letzten Tagen und Wochen zu viel Regen gab und auch für Montag war die Arbeit noch nicht sicher. Wir fanden es nett, dass wir Wein bekommen haben, denn eigentlich kann Chris ja auch nichts dafür, dass es keine Arbeit gibt. Später auf dem Campingplatz haben wir noch mit ein paar anderen Pickern geredet und erfahren, dass das mit der On-/Off-Arbeit schon seit fast 3 Wochen so geht und deswegen schon viele Backpacker abgehauen sind. Das Wetter passt einfach nicht und die Ernte verschiebt sich immer weiter nach hinten. Wir haben nur gehofft, dass wir mit dem Wetter jetzt mehr Glück haben und die Saison endlich startet, damit wir arbeiten können. Kann ich schon verstehen, dass man abhaut, wenn man nur 2 Tage die Woche arbeitet!

Nach einer Dusche haben wir den restlichen Feierabend mit dem Spiel Mastermind und meinem Malbuch für Erwachsene verbracht, das wir zuvor in Adelaide gekauft hatten. Solche Malbücher sind im Moment ein angesagter Trend in Australien und ich dachte, ich könnte das auch einfach mal ausprobieren. Was kann man sonst nach der Arbeit noch groß machen? Zum Abendessen gab es Wraps und dann sind wir ins Bett gegangen. Andi ging es leider gar nicht gut und wir waren froh, dass am nächsten Tag keine Arbeit war.

Am Freitag sind wir wie üblich um 8 aufgestanden und nach dem Frühstück aus dem Campingplatz ausgecheckt. Dann ging es die 50km zurück nach Mt Gambier, wo wir in die Library gegangen sind und GNTM geguckt haben. Nachmittags haben wir die Library wieder verlassen, weil uns die Klimaanlage drinnen zu stark war und wir auch noch genau im Zug saßen. Wir sind dann zum Central Caravan Park gefahren, wo wir bei unserem letzten Besuch der Stadt auch schon waren. Abends ging es mir dann auf einmal auch nicht mehr so gut und ich hab lieber nur ein bisschen Reis mit Käse zu Abend gegessen während Andi nochmal Wraps und Grillgemüse hatte. Um halb 8 sind wir schließlich ins Bett und haben Jurassic Park 2 geguckt, weil es uns beiden nicht gut ging.

Leider war es am nächsten Tag nicht besser, sondern mir ging es sogar noch schlechter. Nach fast 11 Stunden Schlaf kam ich fast nicht aus dem Bett, weil ich so schwach war. Ich hatte totale Kreislaufprobleme, starkes Kopfweh, ich war bleich, mir war schwarz vor Augen und meine Hände und Füße haben gekribbelt. Das war echt verrückt, so stark hatte ich das schon lang nicht mehr. Mit Andis Hilfe hab ich’s aufs Klo geschafft, danach was getrunken (ich glaub ich war etwas dehydriert, weil ich am Vortag trotz 3 Litern Wassern die ganze Zeit Durst hatte und auch an diesem Morgen einen Liter auf Ex trinken konnte) und nach einem kleinen Frühstück bin ich wieder ins Bett gegangen, weil ich nicht sitzen konnte. Andi hat derweil den Campingplatz um eine Nacht verlängert.

Im Bett hab ich mein Buch zu Ende gelesen und als es mir dann immer noch nicht wirklich besser ging hab ich gegen 2 Uhr eine Ibu genommen. Die hat mich wiederbelebt, das Kopfweh wurde besser, anstatt eisig kalt war mir jetzt heiß und gegen 4 sind wir vom Bett in die Camp Kitchen umgezogen und haben wieder Mastermind gespielt. Zum Abendessen gab es Nudeln mit Pesto und danach hab ich noch etwas Blog gemacht, weil es jetzt echt besser ging. Nach einer heißen Dusche ging es dann wieder ins Bett.

Am Sonntag haben wir aus dem Campingplatz ausgecheckt, weil wir nicht wussten, ob morgen wieder Arbeit ist und wir ja evtl. wieder nach Penola zurückfahren wollten. Mir ging es zwar immer noch nicht gut genug, um wieder zu arbeiten (inzwischen war klar, dass ich Andis Magen-Darm-Infekt abbekommen habe), aber Andi hätte sich schon vorstellen können wieder zu arbeiten. Also haben wir ein paar Sachen eingekauft, uns den Molony’s Market angeschaut (der eher ein Omaflohmarkt war als etwas, was man sich unter Art and Craft Market vorstellt) und sind nach dem Mittagessen in die Library gefahren. Die macht sonntags aber um 3 zu, also sind wir nochmal Lebensmittel einkaufen gefahren und haben gegen halb 5 schließlich bei Chris angerufen, ob morgen Arbeit ist. Es war keine und wir waren froh drum. Die Nacht haben wir nochmal auf dem Campingplatz verbracht, weil wir eine Toilette um uns haben wollten und am nächsten Tag sollten wir wieder bei Chris anrufen, ob am Dienstag Arbeit ist. Man hängt schon etwas in der Luft und jetzt konnte ich auch die anderen Picker verstehen, die meinten, dass sie das nicht länger mitmachen wollen, aber für uns war es in diesem Fall ja nicht schlimm, dass wir nicht arbeiten konnten.

Am Abend haben wir uns einen leckeren Lachs mit Kartoffeln und zweierlei Joghurtdip gemacht und ein bisschen mit einem anderen deutschen Pärchen geredet, die gerade auf einer Kartoffelfarm arbeiten. War interessant, was die so erzählt haben. Dann ging es aber auch wieder bald ins Bett.

Am nächsten Tag war das Wetter ziemlich bescheiden (bewölkt, immer wieder Regen und sogar Donner, viel kälter als gestern) und wir sind mal wieder in die Library gefahren. Um 2 haben wir Chris wegen Arbeit angerufen und er meinte, dass es Arbeit gibt, aber wir bis 5 noch zum Office kommen sollen und unsere Namen in eine Liste eintragen. Also haben wir noch schnell eingekauft, getankt und sind dann nach Penola gefahren, wo wir uns in die Liste eingetragen haben. Wahrscheinlich damit sie wissen wie viele Leute am nächsten Tag auftauchen.

Danach sind wir zu einem anderen Campingplatz in der Region gefahren, dem Coonawarra Bush Holiday Park, der ca. 15 Minuten von Raidis entfernt liegt und nur 20$ die Nacht kostet. Dort wurden wir sehr nett begrüßt und durften uns alles anschauen bevor wir gezahlt haben. Es gab 4 Bäder mit Klo und Dusche, zwei Waschmaschinen mit Trocknerfunktion, eine Art Shed wo die Küche untergebracht war, Sitzgelegenheiten und einen Stromanschluss. Gas fürs Kochen hätte extra gekostet, aber auf Nachfrage durften wir auch mit unserem eigenen Gas in der Küche kochen. Die Umgebung mit Weinfeldern und Wald war sehr schön und auf dem Gelände gab es sogar einen kleinen Teich. Außerdem hatten der Besitzer und der Caretaker des Platzes ein paar Hunde und 2 Katzen, was ich sehr schön fand. Andi und seine Katzenallergie fanden die in der Camp Kitchen wohnende Katze leider nicht so toll und er hat abends schon wieder Niesanfälle bekommen, sodass wir wussten, dass wir auf diesem Platz nicht dauerhaft bleiben können.

Nachdem wir uns abends Kartoffelpuffer mit Apfelmus gemacht hatten (in Mt Gambier hatten wir fast 4 kg Kartoffeln von einer Frau geschenkt bekommen, die über die Grenze nach Victoria fährt und keine Früchte oder Gemüse mitnehmen darf), haben wir uns auf die Arbeit am nächsten Tag vorbereitet und sind früh ins Bett gegangen. Sobald es abends dunkel wird, ist es sowieso ziemlich kalt und wir haben nachts gut und gerne 5°C. Leider ist es halt auch morgens wenn man aufsteht noch nicht wirklich wärmer...

In den nächsten zwei Tagen haben wir normal gearbeitet und Trauben gepflückt. Am Dienstag war es noch ein bisschen besonders, weil wir Weintrauben von 160 Jahre alten Reben gepflückt haben, welche die ältesten in Coonawarra sind. Das war ein cooles Gefühl, auch wenn das Picking echt mühsam war, weil wir man sich für wenig Trauben durch viel Gestrüpp wühlen musste. Außerdem waren wir an diesem Tag schon um 2 Uhr nachmittags fertig, was hoffentlich auch nicht der Normalfall ist, da wir sonst nicht viel verdienen werden. Am Mittwoch haben wir nochmal beim gleichen Weingut wie gestern (Brand’s Laira) gepflückt, aber diesmal andere Trauben. Am Morgen, als die Sonne hinter den Wolken aufging, gab es einen wunderschönen Regenbogen, den wir als perfekten Bogen gesehen haben, da wir auf dem flachen Feld standen. Leider konnte ich kein Foto machen und leider hat dieser Regenbogen auch kein gutes Wetter angekündigt. Um halb 3 hat es angefangen zu regnen und als auch noch Blitze dazu kamen, mussten wir alle in unsere Autos flüchten. Weil keine Besserung in Sicht war, hat Chris die Arbeit für heute abgebrochen und wir haben unser Time Sheet im Office unterschrieben.

Am Donnerstag und Freitag haben wir statt Picking Thinning auf Chris‘ eigenen Feldern gemacht, weil es keine Picking-Jobs gab und er nicht wieder Arbeiter dadurch verlieren wollte, dass es keine Arbeit gibt. Beim Thinning mussten wir unreife und kleine Trauben abschneiden sowie dicke Traubennester ausdünnen, damit die nicht schimmeln und die verbliebenen die ganze Kraft der Pflanze abbekommen. In der Coonawarra Region wird hauptsächlich Qualitätswein hergestellt, was man an solchen Arbeiten sieht. Das Thinning fand ich sehr anstrengend, weil es viel langsamer als Picken geht und man dadurch länger in der gleichen Position ist. Außerdem muss man mehr nachdenken. Das Wetter war auch nicht besonders toll und am Donnerstag hatten wir bestimmt 5mal gleichzeitig Regen und Sonne. Der Donnerstag war auch ein langer Arbeitstag, der bis 4 Uhr ging und damit die 8 Stunden Arbeit voll ausgefüllt haben, die wir ohne Überstundenzuschlag arbeiten können. Auf Freitag hab ich mich gar nicht gefreut, aber dann kam nach ungefähr einer Stunde ein spontaner Picking-Auftrag rein und Chris ist mit Andi, mir und 10 weitern Leuten dorthin gefahren während die anderen das Thinning weitergemacht haben. Wir haben Shiraz bei der Rymill Winery gepickt und die Trauben waren sehr süß und lecker. Andi hat heute mal Bucket Boy ausprobiert und war so fleißig, dass Chris ihn gelobt hat. Leider war das Feld sehr lang und wir konnten keine Pause machen bis wir uns auch einen Weg zurückgepickt hatten und dann war es eh schon halb 2 und unsere Arbeit getan. Wir waren mega fertig und ziemlich hungrig, aber wir mussten noch zum Office und unsere Time Sheets unterschreiben, weil der Job ja spontan war und Chris keine passenden Blätter dabei hatte.

Direkt auf dem Parkplatz vor dem Office haben wir dann noch unser Mittagessen gegessen und als Chris das gesehen hat, hat er uns zum Essen in seinen Garten eingeladen und uns sogar ein Gläschen Wein angeboten. Wir saßen dann eine Stunde mit ihm zusammen, haben die Reste unseres Thunfisch-Kartoffel-Linsen-Eintopfs gegessen und den Riesling und den Sauvignon Blanc probiert. Das war echt nett! Irgendwas haben wir wohl richtig gemacht und Chris mag uns (mit anderen hat er sich nämlich schon richtig gefetzt und zwei gefeuert, weil er ihn öfter beim Reden erwischt hat und ermahnen musste). Wahrscheinlich liegt es an der Idee, die er hatte, dass wir auf seinem Weinfestival nächstes Wochenende mit einem Salsa auftreten sollen, nachdem ich ihm auf dem Feld erzählt hab, dass wir Salsa tanzen. Er war davon total begeistert, wir haben das aber erstmal nicht so ernst genommen.

Nach der Mittagspause haben wir uns auf den Weg nach Mt Gambier gemacht, weil heute ja Freitag war und wir das Wochenende dort verbringen wollten. Nach einem kurzen Besuch der Library haben wir uns im Auto vor den Telstra Air Hotspot gesetzt und mit einem Abendessen vom Hungry Jacks GNTM geguckt. Das war echt total chillig und mit dem guten WLAN vom Hotspot war das Gucken zur Abwechslung mal echt entspannt. Danach ging es zur kostenlosen Rest Area vor Mt Gambier und dort auch direkt ins Bett.


So verlief also unsere erste Arbeitswoche. Einige Hochs und Tiefs waren dabei, aber im großen und ganzen können wir uns nicht beschweren. Unsere Gesundheit war inzwischen auch wieder beim Normalzustand angekommen und wir konnten uns durchaus vorstellen hier wie geplant 4 oder 5 Wochen zu arbeiten. Schauen wir mal was uns als nächstes erwartet!

Wir in Picking Montur

Auf dem Feld

Malen nach der Arbeit

Monoly's Market am Wochenende in Mt Gambier

Wie ein Flohmarkt in einer Lagerhalle

Noch mehr Ramsch

Zu witzig: Pandora LIKE Bracelets :D

Andi ist seeeehr interessiert

Abends in der Camp Kitchen

Sonnenuntergang ueberm Campingplatz

Raidis Estate Winery - Ursprung unserer neuen Arbeit

Die Winery nochmal von der anderen Seite

Der Parkplatz, wo die Arbeiter morgens immer parken

Ein bisschen Werbung vor der Tuer, damit uns nicht die Arbeit ausgeht

Chris' Katze streicheln

Die ist suess :D

Picking bei Brand's Laira

160 Jahre alte Weinreben

So ein dicker Stamm

Coonawarra Bush Holiday Park

Blick ueber den Campingplatz

Aussicht von unserem Stellplatz

Unpowered site irgendwo auf der Wiese

Andi kocht in der Kueche

Sonnenuntergang ueber Weinfeldern und dem kleinen See

Lecker Schinkennudeln

Pinot Gris von Chris

Rymill Weinproduktion


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